Eins der Traumziele auf unserem langen Kletter-Wunschzettel war Kalymnos, eine kleine griechische Insel im Ägäischen Meer etwa 12 km nördlich von Kos und über 2000 km südlich von Erfurt. Auf Kos, der Insel mit unserem Zielflughafen, strandeten Nacht für Nacht Tausende Flüchtlinge. Fragen zur Sicherheit kamen auf. Wir waren uns unsicher, welche Stimmung und welche Rahmenbedingungen uns in unserem Urlaub erwarteten, als wir uns im September 2015 auf die Reise machen.
Unser Flugzeug nach Kos war bis auf den letzten Platz gefüllt, offensichtlich hatten sich auch andere nicht von Ihrem Entschluss einer Griechenlandreise abbringen lassen. Aus der Luftperspektive wirkten Kos und Kalymnos sehr karg und trocken. Kaum Bäume und nur wenig Sträucher und anderes Grün waren zu erkennen. Dafür Berge und Hügellandschaft, traumhaft eingebettet in das blaue Meer. Uns empfing ziemliche Hitze, kaum hatten wir das Flughafengelände verlassen. Wir waren noch entsprechend der aktuellen deutschen Temperaturen mit langer Hose und Jacke bekleidet, was sich nun als ziemlich unpassend erwies.
Vom Flughafen zum Hafen in Mastichari, von welchem unsere Fähre nach Kalymnos fuhr, nahmen wir ein Taxi. Die zu erwartenden Preise für diverse Relationen waren gleich am Flughafen angeschrieben, so dass wir nicht verhandeln brauchten. 15 Euro ist nun Standardpreis. Der Taxifahrer zeigte uns den richtigen Ticketschalter und den Ort, an dem die Fähre anlegt. Dann genossen wir in einem Restaurant den ersten griechischen Salat und tauschten unsere Herbst- gegen Sommerkleidung. Von Kos nach Kalymnos kann man verschiedene Fährgesellschaften nutzen. Wir hatte uns für eine reine Personenfähre „Anekalymnou“ entscheiden, da deren Fährzeiten am besten mit unseren Ankunfts- und später Abflugzeiten übereinstimmten. Für 7,50 € pro Person und Richtung erwarben wir den Zugang zu einem rasanten Wellenritt und erreichten eine halbe Stunde später die Hafenstadt Pothia und damit die Insel unserer Träume.
Wir nahmen uns die ersten Tage die nächstgelegenen Sektoren (Poets und Le Coeur d‘ Armeos) vor, welche nach einem ca. 15 minütigen Fußmarsch steil bergauf erreichbar waren. Perfekt gesicherte Routen in rauem Fels bis 35 m Länge waren ein Traum. Einige Griffe erinnerten an Broccoli, sie bestanden aus versteinerten Korallen. Auch eine Zweiseillängenroute nahmen wir in Angriff.
Am vierten Tag starteten wir zu unserem Kletterhighlight. Die „Grande Grotta“, eine riesige offene Höhle mit Stalgtiten und Stalagnaten, beeindruckte uns so stark, dass wir auch dort unbedingt eine Tour durch die überhängenden Wände klettern wollten. Die gewaltigen Überhänge und die einzigartigen Kletterrouten mit besten Chancen auf dicke Unterarme, Oberschenkelklemmer oder kaminartige Abschnitte zwischen den Säulen, teils waagerechtes Klettern und am Ziel einem schwindelerregenden Ausblick zogen die Kletterelite magisch an. Für normale Kletterer wie uns gibt es eine sehr lohnende Tour „Trela“, eine 7a, welche 40 m Kletterlänge bietet. Zwischen den Stalagtiten hindurch muss man sich an der stark überhängenden Höhlenwand hocharbeiten, teils recht unübersichtlich und sehr anspruchsvoll. Eine unglaublich beeindruckende Tour, welche mit einer 30 m langen komplett frei hängenden Abseile von der Höhlendecke endet. Ein Muss für jeden Kletterer, sofern er nicht die vielen noch schwereren Routen knacken kann.
Der Sektor „Afternoon“ links neben der Grotte erwies sich als überlaufen, da er auch einige leichtere Route besitzt. Hier kann man Kontakt zu einer der zahlreichen Ziegen aufnehmen, die auf den kargen Berghängen domestiziert leben, uns war nur nicht recht klar wovon. Gesehen haben wir, dass sie den Kletterern Bananenschalen abbetteln, Zigarettenkippen und Abfall verzehren. Wir haben etwas altes Brot mitgebracht, damit sie auch mal was Vernünftiges zu fressen bekommen. Natürliches Futter war abgeweidet, es war einfach zu trocken.
Am frühen Nachmittag, wenn die Sonne in die Wände scheint, war der Klettertag beendet. Dann ging es ab ins warme, klare Meer zum Baden und abends in eins der zahlreichen Restaurants zum Schlemmen. Empfehlenswert ist dies auf jeden Fall in Verbindung mit griechischer Musik von einer Bouzouki, einer Laute, und den griechischen Tänzen, wie man sie z.B. im Zorbas erleben kann. Jeder, der über ausreichend Rhythmusgefühl verfügt, kann beim Tanz mitmachen. Wir hatten auf jeden Fall viel Spaß.
Spannend ist auf Kalymnos die Wasserversorgung. Es gibt kein zentrales Frischwassernetz. Vielmehr besitzt jedes Haus einen riesigen Wasserspeicher, der nahezu den ganzen Keller ausfüllt. Hier wird Regenwasser gesammelt, denn wenn es regnet, dann sehr reichlich, wie wir am letzten Urlaubstag erben durften. Dieses Wasser wird dann für die Hauswasserversorgung, also Duschen, Toiletten und Wasserhähne verwendet und muss das ganze Jahr reichen. Trinkwasser gibt es aus Flaschen oder an einem der zwei Brunnen in der Hauptstraße.
Kalymnos ist zwar im September ein schönes Kletterziel, aber auch im Winter bleibt es mit etwa 12 °C sehr mild. Im Sommer dagegen erreichen die Temperaturen 40 °C, sicher zu viel zum Klettern.
Bemerkenswert war die Freundlichkeit und Herzlichkeit mit der wir überall behandelt wurden. Die Griechen tun alles, damit sich die Gäste wohl fühlen. Das Klettern war einzigartig, das Ambiente schön, alle anfänglichen Sorgen unberechtigt.
Das herannahende Kletterfestival im Oktober sorgte dafür, dass sich die Region zunehmend mit Profikletterern füllte, die das Training vor Ort aufnahmen. Auch bekannte Gesichter waren zu sehen. Wir waren traurig, dass nach einer Woche der Urlaub schon vorbei war. Kalymnos hat sich definitiv gelohnt. Wir kommen bestimmt wieder und erkunden fernere Sektoren, fahren mit dem Moped über die Insel und treiben unsere Leistung nach oben. Hoffentlich bald.