Die Leere, das ist der Weg

Und der Weg ist die Leere,

Die Leere hat Gutes nichts Böses.

Es gibt Weisheit, Verstand und den Weg,

und es gibt die Leere.

Musashi       (1584-1645)

Vervollkommne deinen Charakter. Sei wie das Wasser. Mache deinen Geist leer. Alles schöne Worte. Sie werden immer öfter benutzt um asiatische Lebensweisheiten zu interpretieren. Vorrangig in Bereichen, welche sich mit den sogenannten asiatischen Künsten beschäftigen. Vor Jahren waren sie meist nur einigen Eingeweihten näher bekannt und verständlich. Um was geht es in diesen Weisheiten? Es geht hierbei um einen Prozess den man gerne als Weg bezeichnet. Weg im Sinne des beschreiten eines Weges. Die Erfahrungen der Lehrenden, werden einem Lernendem beim Beschreiten des Weges immer wieder vor Augen gehalten. Durch die ständige Konfrontation mit den Weisheiten soll einem immer näher an den eigentlichen Weg bringen. Das Hauptthema von diesem Weg, ist nicht das Ziel auf egal irgendeine Art und Weise zu erreichen. Sondern durch Beschreiten des „Weges“ soll man sich vervollkommnen und schließlich zu höherem Verständnis gelangen. Der Weg, zum Ziel ist somit wichtiger als das Ziel selbst. Dieser Weg wird im asiatischen auf verschiedene Weise übersetzt. Jedes Land hat dazu eigene Definitionen, doch die Bedeutung ist bei allen etwa gleich. Im Japanischen wird er als „Do“ bezeichnet. Das Schriftzeichen für Do kann man einfach als Weg übersetzen. Im chinesischem bezeichnet „Dao“ diesen Weg. Dao oder Do bezeichnen also nicht nur den Weg, sondern auch die Ordnung und Zusammenhänge der Natur. Im chinesischen kommen zu dieser Ordnung die Begriffe Yin und Yang hinzu. Sie unterteilen die Welt in Licht und Schatten oder stark und schwach. Es gibt noch viele weitere Gegensätze die dieses Prinzip von Yin und Yang beschreiben. Hauptthema von beiden bleibt jedoch die Einheit und das Verhalten des Menschen zu sich selbst und seiner Umwelt.

Do wird auch als Lehre bezeichnet. Ein fortschreitender Prozess welcher zu einem bestimmten Ziel führt. Dieses wiederum kann verschiedene Ziele beinhalten. Des einen Ziel ist es, kämpfen zu können, das andere Ziel die Erleuchtung. Die Länge des Weges, ergibt sich aus der Art und Weise wie man ihn zu beschreiten gedenkt. Die Wege zum Ziel sind in den meisten Künsten ähnlich formuliert. Die Aufgabe der Lehre, oder das beschreiten des „Do“ liegt darin, dem „Gehenden“ etwas bewusstzumachen oder ihn auf etwas hinzudeuten, was eigentlich in jedem vorhanden ist. Ein Geheimnis, das der Meister dem Schüler übergibt, gibt es im eigentlichen Sinne nicht. „Do“ zu lehren ist nicht unbedingt leicht. Während dem Beschreiten soll man lernen ein bewusstes hören oder sehen sich anzueignen. Bei diesem sehen und hören im Do liegt das Problem. Man muss es erkennen um es zu verstehen und dann ist man auch in der Lage sich dem Do anzuvertrauen und ihn anzunehmen. Wer ihn angenommen hat, wird lernen, durch ihn in sein eigenes Wesen zu schauen. Es ist ein Weg der „Selbst-Wahrnehmung“. Wo ist nun dieser Weg. Jeder hat einen „Do“ in sich, nur findet man durch Ablenkung und Zerstreutheit keinen Zugang zu diesem. Es gibt verschiedene Wege diesem, seinem „Do“ zu begegnen. Man übt sich in den verschiedensten Praktiken. Sei es in körperlichen Aktivitäten, oder geistigen Ergüssen oder asketischer Enthaltsamkeit. Alle Varianten setzen ein Grundprinzip in sich voraus. Der eigene Entschluss muss stark genug sein, sich dem Do unter zu ordnen. Alles andere führt zu Ausschweifungen und Umwegen aber nicht zum erwünschen Vorwärtskommen. Manch einer übt sich dann in den verschiedensten Praktiken, doch wenn ihm etwas Ungeahntes, Ungewohntes begegnet, so verfällt er sofort wieder in alte Schemen die ihm im bisherigen Leben dienlich gewesen sind.

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Am Anfang vom Do steht man vor einfachen Aufgaben die man körperlich leicht gelöst bekommt. Zu welchem Ausmaß sich jedoch der Do im Laufe der Zeit entwickelt, ist einem nicht bewusst. In der Kampfkunst z.B. lernt man verschiedene Bewegungen. Es ist ein Repertoire welche Koordination, Balance, Kraft, Beweglichkeit und mehr bedarf. Die Bewegungen erscheinen einem anfänglich fremd und ungelenk. Vieles ist für den Körper nur unter Anstrengung und Schmerz nachvollziehbar. Nach einer gewissen Zeit der Übung, reagiert der Körper mit Anpassungs- Erscheinungen. Er bildet seinen Muskelapparat stabiler aus, passt Sehnen und Bänder der gesteigerten Belastung an. Die Gelenke werden verstärkt, die Beweglichkeit wird verbessert und die Koordination der verschiedenen Muskelgruppen wird ökonomischer. Man macht Fortschritte in den Übungen. Die Bewegungen werden immer vertrauter und lassen sich leichter ausführen. Man lernt nicht nur seinen Körper besser kennen. Man fühlt sich mit fortschreitendem Training fitter und agiler. Was auch die Lebensqualität erheblich verbessert. Der Körper besteht nicht mehr nur aus Armen und Beinen, sondern aus vielen einzelnen Bau-Gruppen die ein erstaunliches mechanisches Zusammenspiel ermöglichen. Dank verbesserter Koordination sind Handlungen möglich die vor Beginn des Trainings nicht denkbar gewesen sind. Man ist innerlich gestärkt und erkennt ein erhöhtes Gefühl von Sicherheit.

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Nun beginnt ein weiterer Prozess, in dem man mit dem Erlernten auf äußere Ereignisse reagieren lernt. Man ist der Pol, von dem aus, der Beginn einer Handlung erfolgt, man reagiert immer besser mit den antrainierten Bewegungen. In den Wegen der Kampfkunst lernt man den Unterschied von Abwehr und Angriff. Wie man schlägt, stößt, tritt oder den Körper bewegt. Die Techniken werden schneller, Stöße härter und mehr Kraft wird eingesetzt. Tritte, bedingt durch die bessere Beweglichkeit höher und kräftiger. Die Abwehr Bewegungen erhalten nach und nach einen Sinn. Während der Zeit wird man die erste Kata lernen. Sie entwickelte man vor vielen Jahrhunderten. Sie dienten der Weitergabe von Bewegungs-Abfolgen und Geistigen Haltungen. Gleichzeitig dienten sie nicht nur der Kräftigung und Stärkung des Körpers. Sie zeigten dem Lernenden auch die Bedeutung der verschiedenen Bewegungen. Ohne ein Verstehen der Bedeutung, war es nicht möglich eine Kata lesen zu können. Jede einzelne Bewegung hat einen tiefgreifenden Sinn welcher dem nicht eingeweihtem nicht offensichtlich in Erscheinung tritt. In der Kata, welche sich in fortlaufender Reihe immer komplizierter gestalten erkennt man immer höhere Stufen der Fertigkeiten. Sie berufen sich auf sehr alte Traditionen welche sich über Jahrzehnte hinweg herausgebildet haben. Der Übende erkennt die zuvor einzeln geübten Bewegungen in den Kata wieder und gelangt dabei zu immer umfangreicherem Verständnis. Durch üben mit einem Partner werden gelernte Bewegung und Gegenbewegung einstudiert und den Bewegungen des Partners angepasst. Das Prinzip der Ursache und Wirkung übernimmt immer mehr Einfluss. Es werden die vielen Techniken geübt und gefestigt. Man lernt, wenn man dies oder das macht, dann kommt dies und jenes dabei heraus. Die Geschicklichkeit verbessert sich zunehmend, die Bewegungen werden automatisiert und weiter perfektioniert. In anderen Künsten lernt man z.B. den Teebesen richtig zu einzusetzen, einen Stängel einer Blume zu beschneiden oder zu bearbeiten damit er dem gewünschten Aussehen zum Erfolg verhilft.

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Ein neuer Zustand hat sich eingestellt. Man beherrscht die Bewegungen immer perfekter, ein nachdenken über die Ausführung tritt immer mehr in den Hintergrund. Die Bewegungen werden automatisch durch Signale gestartet, sie erfolgen weniger durch eigene Überlegung, sondern durch erkennen vom Gegenüber. Das Ablegen vom Löffel während der Teezeremonie ist nicht mehr von vom Zielen der Hand abhängig, sondern geschieht nun mit einer leichten Bewegung. Die Bewegungen in der Kampfkunst sind nicht mehr nur das Anbringen einer Technik. Man ist sich bei jeder Technik über die Ausführung im Klaren und setzt sie in Taten um. Der Körper bewegt sich in Harmonie mit dem Angreifer. Bewegung folgt auf Bewegung. Die Bewegungen erfolgen rein durch Erkennen und analysieren der momentanen Situation. Das Bewusstsein wird gleichsam freier und ist bereit weitere Bewegungen beginnen oder zu beenden. Der Körper reagiert auf Signale, in der entsprechenden Weise mit perfekter Bewegung. Hier beginnt ein Problem vom Do. Während die einen durch erhöhten Krafteinsatz, jugendliche Beweglichkeit und intensiveres Training Fortschritte erlangen, beginnt bei anderen ein Prozess der Ratlosigkeit. Während die Einen viele Bewegungen beherrschen, sie anwenden können und auch die gewollten Ergebnisse damit erzielen können, erkennen die Anderen das der geistige Zustand eine immer größere Bedeutung dabei zu spielen scheint. Es wird zu den entsprechenden Bewegungen auch eine Geistige Haltung erwartet, welche nicht auf körperlicher Kraft beruht. Es ist für den Übenden schwer sich in Verfassungen reinzuversetzen, um in diesem Zustand dann entsprechend dem geübten zu funktionieren. Ein verbinden von körperlichen Aktivitäten mit einer inneren Haltung und Einstellung wird immer mehr zum Thema. Es wird ein Zustand hervorgerufen, der ein immer weniger kontrollieren der Bewegung nötig macht. Die Bewegungen werden schneller, müssen weniger kontrolliert werden und gestalten sich effektiver. Anfangs lang, werden sie kürzer und sollen sich schließlich vom eigenen Körper lösen, sie dringen in sichere Bereiche ein und haften dort, wie die desjenigen selbst. Ihre Wirkung entfalten sie immer besser, eine Kraftlinie ist immer weniger erkennbar, die Zeit scheint still zu stehen, während sich die Welt weiterbewegt. Weiterführend bestehen die Bewegungen mehr aus einer inneren Energie, von einem sich bewegendem Energiepool aus gestartet. Angriff oder Verteidigung fließen zusammen. Sie werden frei und bewegen sich ohne Zutun.

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Während dieser Zeit befindet man sich schon lange in der höchsten Stufe der Bewegungen. Zum körperlichen Training, nimmt nun der Aspekt der Charakterformung mehr zu. Es treten verstärkter Regeln in den Vordergrund, welche das Verhalten im Dojo (Übungsraum) und außerhalb dessen vorschreiben. Ein Übender in diesem Zustand ist kann ein höchst gefährlicher Aspekt werden. Es ist nun spätestens an der Zeit sich verstärkt um Charakterlichen Eigenschaften zu bemühen. An den Übenden wird mehr und mehr verlangt das er sich in der Vervollkommnung seines Charakters übt. Hinweise wie: „Vervollkommne deinen Charakter“, „Bewahre den Weg der Aufrichtigkeit“, „Entfalte den Geist der Bemühung“, „Sei höflich“, „Bewahre dich vor übertriebener Leidenschaft.“ Das sind alles gut gemeinte Hinweise und Ratschläge. In wie weit der Übende sich daran hält und übt ist einzig seine Entscheidung. Nur durch jahrelanges Vorleben vom Lehrenden ist es ihm möglich sich in dieses Gefüge einzubringen und Eigenschaften zu entwickeln welche nichts mit Kraft oder Beweglichkeit zu tun haben. Die Übungsinhalte beziehen sich nun nicht mehr ausschließlich auf das Ausführen von Bewegungen, man begibt in sich auf einen anderen, neuen Weg. Wer dies nicht tut, wird ewig in der unteren Stufe verweilen und nur einen geringen Teil der gesamten Kunst erkennen können. Für die weiter Übenden scheint nun bald Ende des „Do“ erreicht. Unbemerkt bilden sich Selbstwertgefühl, innerliche Stärke, Kraft, Mut, Explosivität, Dynamik, Entscheidungsfähigkeit und vieles mehr. Keiner scheint sich ihm widersetzen zu können. Die Meisterschaft liegt nahe. Die Aufgabe von „Do“ geht hier nun weiter, die charakterlichen Eigenschaften durch einen langjährigen Prozess zu festigen und mit Lebenserfahrung füllen. Das Wissen ermöglicht einen nun mit Leichtigkeit dem „Do“ zu folgen, andererseits entsteht auch die Unfähigkeit ihn weiter zu erkennen und folgen zu können. Allein die Unfähigkeit im Erkennen, gibt Grund dafür, in diesem Stadium haften zu bleiben, welches noch lange nicht das Ziel bedeutet. Im „Do“ ist ein weiteres Lernen nur durch fortwährende Übung und kritische Selbstbetrachtung möglich. Eine Geschwindigkeit existiert nicht mehr, das weitere Vorwärts kommen, hängt von einem erkennen ab. Man kann nicht beziffern wann man nun weiter kommt. Es spielt nun keine Rolle, ob Pinsel, Tee Besen, Schwert, Blume oder ein anderer Gegenstand in den Händen gehalten wird. Ein Pinsel wird zum Schwert und ein Schert zum Pinsel. Ein dem Weg folgender ist sich stets auch in alltäglichen Handlungen bewusst, dass alles was und wie er handelt sich auf seinen Do auswirkt. Für andere dient er als Schablone, Anschauungsobjekt, Leitfaden, Motivation und vieles mehr. Für einen weiteren Lernenden erzeugt er gleichzeitig Resignation, Unentschlossenheit, Unverständnis oder Zweifel für das was er versucht von sich zu geben. Wobei letzteres, zu den am leichtesten zu erzielenden Effekten zählt, den „Do“ in dem Zustand erreichen kann. Körperlich ist alles worin man sich bisher geübt hat, reine Technik, reine physische Kunst. Man erkennt das das erlernte doch nur aus ein auf Signale reagieren besteht. Dadurch engt sich das „Selbst“ oft bis zur Bewegungsunfähigkeit. Nun tritt ein neuer Begriff in den Vordergrund. Das eigene „Selbst“. Das nächste Problem besteht aus dem Erkennen vom eigenen Selbst. Man wird begreifen, dass das Selbst mit dem Können und Wissen eng verbunden ist. Was in welchem Zusammenhang mit wem reagiert ist nun Thema vom weiteren Bemühen auf dem Do. Es geht jetzt weniger um das kämpfen mit Gegnern oder um ein Ikebana möglichst perfekt herzustellen. Auch der Bogenschütze sollte nicht dem besser schießen hinterher eifern. All das sollte nicht Ziel der Bemühungen sein. Hierzu schließt sich folglich ein lernen von nicht mehr sichtbaren und oft nicht immer verbal erklärbaren an.

 

1Die Psyche welche vom Selbst behaftet ist, ist ein ganz weiterer Teil vom „Do“. Das Selbst oder die Psyche ist nach wie vor noch mit der Frage behaftet: „wie gewinnen?“, „wie wird der Tee perfekt“ oder wie erhält die Vase die idealste Form. Das Selbst steuert einen so das man am „Ich“ (Ziel) dessen, für das die Handlung bestimmt ist haften bleibt. Unter Aufbietung von Klugheit und vollendeter, bis zur Erschöpfung trainierter Technik, sieht man sich in einem Zustand des Wettbewerbes wieder. Es entstehen Gegensätze, welche eine Identifizierung zu einer der beiden Seiten verlangen. Im chinesischen sind dies die Beiden Kräfte von Yin und Yang. Man versucht im Einklang mit beiden zu sein. In Wirklichkeit ist es ein ständiges hin und her von beiden Zuständen. Man ist ständig damit beschäftigt die Kontrolle über einen der beiden Zustände zu bekommen um eine Harmonie herstellen zu können. Diese Gegensätze erwarten ständig Entscheidungen welche im Umfang nur teils vorhersehbar oder überschaubar sind. Diese Entscheidungen werden durch den jeweiligen Stand der beherrschten Technik und des Könnens stark beeinflusst. Keine Technik = Niederlage, gute Technik = Ungewissheit, exzellente Technik = Sieg. Eine gute Technik ist also von Vorteil? Was aber wenn man auf ebenfalls exzellente Technik trifft. Technik oder „Ich“, wer von beiden hat mehr Einfluss? Die gesamte Übung wird trotz erreichter Meisterschaft nicht ausreichen, sich zu behaupten und einem solchem Gegner zu widerstehen. Zwar ist die Technik eine Funktion von Körper und Geist, nicht jedoch des „Ich`s“ oder des Selbst. Sie basiert auch nicht auf einer höheren Stufe des „Do“, sondern allein auf Geschicklichkeit, hartem Training und- oder Talent. In diesem Zustand wird sie zum Ansatz von Schwachheit, das „Ich“ erstarkt dabei und führt das Errungene zum eigenen Stillstand.

 shu / erlernen durch geduldsames Üben

 2Wenn „alte“ Meister Technik lehrten, so taten sie dies, um damit eine Art und Weise des „Do“ zu zeigen. Ihre Technik war einfach, beinhaltete jedoch die höchste Wahrheit. Es galt sie zu erkennen und verstehen. Wer nur auf Technik bedacht ist, sieht auch nur Technik. Wer sich mit Energie befasst, wird sie fühlen lernen und wird auch immer mehr Energie sehen können. Die innere Energie wird viel mit „Ki“ oder „Chi“ bezeichnet. Es handelt sich um das Erleben einer fühlbaren, erfahrbaren Lebensenergie, die nach einem bestimmten Muster durch den Körper fließt. Diese Energie wurde früher von praxisorientierten chinesischen Weisen entdeckt. Sie steht jedem Menschen in jeder Altersstufe zur Verfügung, der sich die Mühe macht, sich in ihrer Wahrnehmung und Anwendung zu üben. Ki und Atmung stehen dabei in einem engen Verhältnis. Das Ki unterliegt einem natürlichen Kreislauf, es kann genauso wie äußere Bewegung trainiert und später gelenkt werden. Die Stärke des Ki hängt davon ab, wie man es trainiert und benutzt. Ki strahlt von einem Körper aus, man kann Ki sammeln, aufhalten, fließen lassen oder lenken. Durch gerichtetes lenken von Ki, kann die Energie zum Schutz des Körpers benutzt werden. Man erweckt den Eindruck von einem stahlharten Körper. Dieser schützt, durch innere Energie und äußere Technik als eine gesamte Einheit den Körper. Somit kommt es auf den Zustand vom Geist an, welcher bestimmt wie sich Technik und Ki zusammen entfalten können, um eine Aktion so effektiv wie möglich werden zu lassen. In einem selbst entsteht eine Kraft, welche wie man so schön sagt, den Himmel und Erde erfüllt. Was man gewonnen hat, ist am Ende jedoch nur eine psychische Kraft, die die physische unterstützt. Allein schon die Tatsache, dass man sich der Kraft, mit der man siegen will, bewusst ist, wirkt wiederum dem eigentlichen Sieg entgegen. Was dann, wenn des anderen psychische und physische Kraft gleich stark wie die eigene ist. Wenn man sich dem Gegner mit seinen beiden Kräften entgegenstellt, so stellt er die seinigen entgegen.

ha / Auseinandersetzen und Befreiung vom System, trennen von äußerer Form 

3Wie aber soll man sich dann verhalten, wenn man mit dem eigenen Potential nicht siegen kann? Das Ki welches man als große Kraft in sich fühlt, ist demnach nicht die entscheidende Kraft. Sie ist nur ein Abbild von einem selbst. Der Geist und der Körper gewinnen ihre Kraft nur unter bestimmten Bedingungen. Es entsteht hierbei eine Kraft welche vorhersehbar und transparent wird. Sie ist dadurch lenk- und angreifbar, für jeden der sie erkennen und lenken gelernt hat. Die Kraft und die Energie von einem in die Enge getriebenen, ist z. B. so groß, dass selbst starke Kämpfer daran scheitern können. Ein Kämpfer, in einer solchen Lage vergisst sich selbst, und ist dadurch frei vom bewussten Handeln. Darum sind sein Wille und Körper wie Stahl. Die Geisteskraft welche man diesem entgegensetzt, hat nur dann Erfolg, wenn sie noch gewaltiger währe. Auch die psychische Kraft hat, so stark sie auch sein mag, in sich wieder eine Erscheinungsform welche sichtbar nach außen dringt. Was somit eine Form annehmen kann, ist fassbar für jeden der die Form erkennt. Für jeden der sie nicht erkennt, endet hier sofort die Entscheidung über Sieg oder Niederlage. Es gibt auch die Möglichkeit des Gleichstandes. Physische sowie psychische Kraft kann dann nicht mehr gesteigert werden, es entsteht somit ein Gleichgewicht aus zwei sich nicht verletzbaren „starken“ Gegnern. Eine Art Waffenruhe, gefolgt durch ein im Kampf nicht handeln können, entsteht. Beide sind sich ihrer Technik und geistiger Kraft bewusst, darin aber eingezwängt, behindern sie sich selbst. Untätigkeit erfüllt die Zeit und führt zur Unmöglichkeit sich aus dem Stillstand zu befreien. Ein beidseitiges Unterwerfen, der gegenseitigen Kraft führt dann oft zur Nutzlosigkeit des gesamten Wissens, über Technik und innere Kraft. Ein Gegner, der angreifen will, mag noch so stark sein, er findet nichts, worauf er sich stürzen kann, alles ist gleich stark wie seine eigenen Aktivitäten. Er würde nur seine eigenen Schwächen angreifen. Da er davon den Ausgang kennt ergibt es für ihn keinen Sinn einen Angriff zu machen. Es entsteht eine Art der Waffenruhe, der Kampf minimiert sich lediglich auf eine Tuchfühlung, welcher jegliche Kampfaktion fehlt. Das gegenseitige Einvernehmen des Nichtkampfes ist wie eine stille Versöhnung. Ein Rücktritt dem anderen gegenüber, von beiden Seiten aus. Es entsteht keine Lösung, sondern ein weiterhin bestehendes Problem ohne Lösung. Man entgeht dadurch bewusst dem Angriffswille des Gegners und unterbindet gleichzeitig den eigenen. Durch ein denken an die Gleichstellung gibt man sich dem Gegner preis. Man erkennt, bevor man sich in dem Zustand des Gleichgewichtes befindet, das einem die Kraft und der Geist in diese Lage drängt hat. Auch wenn man noch so flüchtig daran denkt, ein darin Haften zeigt sofort den Stillstand an, was bedeutet angreifbar zu sein. Was man mit bewusster Absicht tut, schränkt einen im Handeln ein, man folgt nur einem einstudierten Schema. Wenn man nun an nichts denkt, und nichts tut, sich mit seiner Bewegung dem eigenen Wesen überlässt, dann entsteht keine greifbare Form mehr. Nur wo keine Form ist, kann keine greifbar werden, wo kein Ich ist, existiert auch kein Feind. Wo eine Gegenform entsteht, ergibt sich keine Notwendigkeit eines Kampfes mehr. Dieser ist dann schon entschieden. Das Problem bedeutet, dass man sich dem Schwert in der Hand nicht mehr frei sein kann. Erst wenn das eigene Schwert nicht mehr existiert, ist man frei vom Ich und Selbst und des dauernden Wettstreites von Yin und Yang. 

ri / Meisterschaft auf hohem Nivau, Trennung vom System 

4Nun kommt man zum Entschluss, alles sei umsonst geübt worden. Die technische Meisterlichkeit, verbunden mit dem Wissen über Techniken wie „in einem Atemzug siegen“, „mit zwei Techniken siegen“, „verstärkte Konzentration“, „die Arten die Initiative zu ergreifen“ all das sind höchst effektive Künste, welche es erst einmal zu beherrschen gilt. Kampfkünstler gebrauchen gern die Begriffe „Go no sen“, „Ken no sen“ oder „Tai no sen“. Eingeweihten, werden sie viele Jahre Training bescheren, sie zu beherrschen, gilt jedoch als die höchste Kunst im Kampf. Durch sie gibt es viele meisterliche Kämpfer, welche scheinbar nicht mehr zu besiegen sind. Technik und „Ki“ oder „Chi“ entfalteten ihre Kraft aber nur für die jeweilige Person selbst. Der Weiterstrebende, setzt sich hier damit auseinander, dass nun kein „Ich-Bewusstsein“ mehr im Spiel ist. Wenn man auch nur flüchtig an all das denkt was man die Jahre einstudiert und gefestigt hat, so ist es nur etwas Angeeignetes, künstlich geschaffenes. Es kommt nicht aus dem eigenen Wesen heraus. Wenn man es schafft, sich von seinem „Ich-Bewusstsein“ und Selbst zu lösen, es nicht zu gebrauchen, handelt man ohne zu handeln, ohne extra herbeigeführte Zustände also ohne Form. Wer in diesem Zustand frei ist, kann allem in der rechten Weise begegnen. Wo ein Angriff erfolgt, existiert kein Angriff mehr, es ist kein Ziel mehr vorhanden was erreicht werden kann oder muss. Wer ohne Absicht bewegt, bewegt sich aus seinem inneren Wesen heraus. Sein Wesen steht still und ist trotzdem in Bewegung. Sein „Ki“ und seine physische Kraft stehen im Gleichklang zueinander, es gibt weder ein bereit sein, ein handeln noch ein fertig sein. Das ist aber völlig uninteressant für den Moment. Sobald man jede Absicht fallengelassen hat, geschieht alles ohne ein zu tun aus dem Wesen heraus. Was strebt man denn nun an? Ein Zustand völliger Losgelöstheit ist frei vom Ich und Selbst. Was bleibt ist das Wesen. Das Wesen lässt den Körper handeln. Nur wenn beide das Wesen nicht mehr behindern, kann es sich frei und in alle Richtungen entfalten und wirken. Es besteht ein Nichthandeln. Es schaut regelrecht zu, bildet sich aber weder eine Meinung noch haftet es in einer Form daran. Sobald es dies tut, tritt es sofort in den Hintergrund und das Ich und Selbst tun sich hervor. Was einem totalen Verlust gleichgestellt ist. Der Sinn der Kampfkunst liegt nun nicht darin, einen Gegner zu besiegen. Ein Übender sollte während aller technischen Übung auch immerzu die geistige Übung pflegen, um im höheren Stadium das eigene Wesen erkennen zu lernen. Das Wesen besteht dann nur noch grob gesagt, aus dem Wissen von Leben und Tod. Was aber weder das eine noch das andere als wichtigeren Punkt betrachtet. Das Leben ist somit gleich wie der Tod. Etwas anderes gibt es nicht mehr. Nur wer frei vom Denken in Formen oder Strukturen (oder auch den Tod) ist, kann sich von allem trennen und sein Wesen frei handeln lassen. Es bewegt sich von sich heraus und lässt dem „Ich“ keinen Stillstand. Dann kann ihm auch nichts widerstehen. Sowie ein Funke Angst oder Gedanken hereinfließen, wird das Ganze wieder in Formen gefangen und fixiert. Man ist wieder am Anfang all seiner Bemühungen angelangt. Dies Wechselspiel geschieht innerhalb kürzester Zeit, das Beherrschen beider Zustände ist somit zum Trainingsziel geworden. Im Wechsel ständig behaftet, kann man keinem Gegner in Absichtslosigkeit entgegentreten, ohne dabei nicht an „Sieg oder Niederlage“ zu denken. Ein eventueller Sieg in diesem Zustand, ist ein Sieg rein technischer Natur und keiner im Sinn der eigentlichen Kunst. Frei von Absicht zu sein, bedeutet Leer zu sein. In dieser Leere steckt wiederum eine Fülle von „Wesen“ welche die Leere füllt, aber sie weder beengt noch bestimmt. Wird das Wesen nur in geringsten Teil gestört, ist es nicht mehr frei und ohne Gleichgewicht. Die Leere füllt sich und behindert einem am weiteren „Nicht handeln“. Die Kraft fließt dann nur dorthin, wo sie hinkommt, dort wo sie nicht hinkommt, fehlt sie und unweigerlich entsteht ein Ungleichgewicht. Der Kampf ist somit entschieden und vorbei. Ohne Denken, Tun, Stillstand oder Absicht ist nichts da, weder das eigene „Ich“ noch das eigene „Bewusstwerden“, es unterliegt alles einem stetigen Bewegen und Wandeln, ohne an etwas zu haften. Wenn weder ein „Ich“ noch ein „Gegen-Ich“ da ist, wird die Form eines Gegners ausgelöscht, es gibt trotz Kampf keinen Kampf. Weil kein Kampf existiert. Sobald die Dinge wieder eine Form wahren, setzen sie immer eine Gegenform. Es gibt wieder Yin und Yang, Gut und Böse mit all den Varianten und Gegensätzen. Alle Gegensätze, die wir dann wieder vor uns haben, Gewinn und Niederlage, Freud und Leid entstehen in einem selbst. Somit ist die Erkenntnis vom eigenen Wesen für „Do“ von einer nicht zu unterschätzenden Bedeutung.

Mu / Die Leere

Nach dieser Stufe gibt es eine weitere. Es tun sich Welten auf was noch zu lernen ist. Sie zu erklären, ist mit Worten kaum möglich. Nur durch direkten Kontakt mit einem Meister ist es möglich, so weit in die Sache einzudringen um zu verstehen was die Kunst in der Kunst bedeutet. Die nächsten Jahre werden weiter entscheiden, wie weit die Erkenntnis über das Zusammenspiel von Allem aus dem Nebel hervortritt, um ins rechte Verstehen gerückt zu werden.

Die Vergangenheit ist schon vorüber,

die Zukunft hat noch nicht begonnen,

in der Gegenwart ist kein Verweilen,

Alles wandelt sich ständig.

Im Karate kein Zuvorkommen, kein erster Angriff

Te = Hand
Do = Weg
Der Weg ist ein Kreis